Die Idee, auf Dauer angelegt immer Dasselbe zu tun, ist keineswegs natürlich oder im Menschen irgendwie angelegt. Im Gegenteil: Unser Gehirn ist perfekt darauf eingerichtet, kreativ an der Lösung von sich ständig ändernden Problemstellungen zu arbeiten. Für das regelbasierte, wiederholte, perfekte Abarbeiten von standardisierten Prozessen gibt es Maschinen, die diese Art von Aufgaben bereits heute besser erledigen oder es bald können werden.
Was uns Menschen ebenfalls besonders macht, ist die Fähigkeit zu imaginieren, neue Welten oder Dinge in der eigenen Vorstellungswelt zu erschaffen. Aus diesen vorgestellten Welten Realität werden zu lassen, kombiniert die Fähigkeit der Problemlösung mit der Vorstellungskraft.
Menschen, die sich in ihrer Arbeit und Ihrer Lebensführung ingesamt darauf konzentrieren, Neues zu imaginieren und dann darauf hinarbeiten, es real werden zu lassen, sind freier und damit einem gelingenden Leben näher.
Die Flucht vor dem Grau des Alltags gelingt nicht durch Konsum oder Urlaubsreisen, sondern durch den Einsatz dieser Fähigkeiten. Wer seine Pläne umsetzt – und seien sie zunächst noch so klein – gewinnt Freiheit durch Unabhängigkeit von anderen. Von deren Urteil, von deren Erlaubnis oder deren Einflussnahme und vor allem von deren eigenen Zielen.
In der vielgescholtenen Routine, die es landläufig zu vermeiden gilt, stecken verschiedene Aspekte. Diese muss man getrennt betrachten, um zu einem Urteil über den Wert oder Unwert der Routine zu gelangen.
Routine ist Wiederholung, Übung, Sicherheit einer Fähigkeit, Ergebnis von Disziplin und Zielorientierung. Sie kann aber genau so Enge, Ausweglosigkeit, Begrenztheit, Sinnlosigkeit und Ausdruck einer unmenschlichen Kreativitätsverhinderung sein. Die erste Gruppe von Begriffen zeigt das Potenzial der Routine, ihre große Kraft wenn es darum geht – selbstgesteckte! – Ziele zu erreichen. Die zweite Gruppe zeigt ihre zerstörerische Kraft, die entsteht, wenn Menschen in eine Routine gezwungen werden, zumeist durch andere Menschen, unmittelbar oder durch induzierte Ängste.
Aus dieser begrenzenden Routine zu fliehen, muss immer Ziel sein. Auf eigengewählte Routinen grundsätzlich zu verzichten, macht vieles im Leben beliebig und erschwert es immens, selbst gesetzte Ziele zu erreichen und damit imaginiertes real werden zu lassen.
Solche Dualitäten, Dinge mit zwei Gesichtern, finden sich oft und all ihnen ist gemein, dass sie uns herausfordern, immer bewusst mit ihnen umzugehen, aktiv zu entscheiden. Die Flucht vor dem Alltagsgrau ist also bei genauerer Betrachtung eine Hinwendung zur Kreativität, zum Menschlichen, zur Eigenverantwortung und der Entscheidungsfreiheit.
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